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Warum in Organisationen immer häufiger wieder Helden auftauchen und was das über uns sagen könnte.
Wir waren gut unterwegs: weg vom einsamen Helden an der Spitze und hin zum kollektiven Denken, zur geteilten Verantwortung, zu selbstorganisierten Teams mit dezentralisierter Autonomie und Entscheidungsbefugnissen. Fast schon wie eine Befreiung wurde sie gefeiert, die „New Work-Bewegung“ und die damit verbundene Erlaubnis, Führung und Zusammenarbeit auch anders denken zu dürfen. Kaum eine Organisation, die nicht öffentlichkeitswirksam und vollmundig verkündete „dabei zu sein“ und „mitzumachen“.
Und dann? Kommt die Krise. Kommt die nächste Krise. Kommt die nächste-nächste Krise. Pandemie, Kriege, Lieferengpässe, Fachkräftemangel, KI-Schock – Multikrisen nennen wir das jetzt. Klingt fast gemütlich, ist es aber nicht.
Und plötzlich ist sie wieder da, die Sehnsucht nach dem Helden in der Chefetage. Nach der „starken Hand“, die entscheidet, während alle anderen noch orientierungslos im Nebel stochern. Nach dem, der „Verantwortung übernimmt“ – was nicht selten bedeutet, dass alle Verantwortung auf sich gezogen wird. Da lugt sie dann doch wieder hervor…. die Illusion der höher besoldeten Einsicht in die Dinge.
War das nicht genau das, was wir hinter uns lassen wollten? Der Manager als Halbgott in Grau oder wahlweise Dunkel-blau, der alles weiß, alles kann, alles rettet? Warum erliegt Organisation um Organisation wieder diesem Mythos, sobald der Wind steifer weht?
Unserer Ansicht nach ist eine (mögliche) Antwort zwar bekannt, aber dennoch unbequem: weil Unsicherheit weh tut. Weil wir Menschen es hassen, nicht zu wissen, was kommt. Wir wünschen uns Vorhersagbarkeit, Halt, Orientierung und Klarheit. Und wenn die Lage bedrohlich genug ist, darf die Freiheit auch mal (kurz) draußen bleiben. Dann ist es plötzlich wieder schick, wenn ein Vorstand „stark auftritt“ und ganz im Sinne der „Great Man Theory“ handelt, von der wir hofften, sie überwunden zu haben.
Post-heroische Führung klingt in guten Zeiten wunderbar. Sie ist aber ein Anspruch an kollektive Reife, an Vertrauen, an geteiltes Aushalten von Nicht-Wissen. Und genau das geht oft verloren, wenn es ernst wird. Stattdessen: Rettung durch Heroisierung?!
Unklar scheint, ob und inwiefern das Henne-Ei-Problem diesen Beobachtungen zugrunde liegen könnte. Sind es die Heroen, die in bewegten, krisenhaften Zeiten wieder in ihr Heldenkostüm schlüpfen und somit die verloren geglaubte Rollenpassung wieder herstellen dürfen? Oder sind es die Mit-Wirkenden, die in unsicheren Zeiten leichter in Passivität verfallen, Entscheidungen vermeiden oder hinauszögern und ihrer Verantwortung nicht wirksam nachkommen? Und Führung kompensiert daraufhin als Reaktion die Passivität und kompensiert die Verantwortung, die an anderer Stelle nicht übernommen wird.
Führung darf und soll in unsicheren Zeiten Orientierung geben – keine Frage. Aber Orientierung heißt nicht Allwissenheit. Und Verantwortung heißt nicht Omnipotenz. Vielleicht liegt die Zukunft von Führung und Zusammenarbeit nicht im heroischen Revival, sondern im ehrlicheren Umgang mit unserem Bedürfnis nach Sicherheit.
Also: Ja, Mut zeigen. Ja, Verantwortung übernehmen. Und das idealerweise in einer Dialogkultur über Hierarchieebenen hinweg, die das kollektive „Wir wissen es auch nicht immer – und lasst uns dennoch weitergehen“ aufgreift.
Klingt unspektakulär? Ist es auch. Aber vielleicht ist genau das die wahre Heldentat in Zeiten der Dauerkrise.
P.S. Ups, da ist der KI im Titelbild wohl ein Fehler passiert – findest du ihn? ;-)
Veröffentlicht in Fuehrungskraefteentwicklung; Veröffentlicht am 11.09.2025 von Henning Keber 3 Minute(n) zum Lesen