In meinen ersten Jahren im Job waren es vor allem die “wichtigen Leute” eines Unternehmens, die man nach außen hin gezeigt hat. Und klar, das waren natürlich in den meisten Fällen die klassischen “alten weißen Männer”. Für unsere Kunden – ich habe ursprünglich in einer PR-Agentur angefangen – haben wir also “CEO Positionierung” gemacht und z. B. Interviews platziert und klassische Pressemitteilungen geschrieben. Für unsere Agentur selbst haben die Geschäftsführer Gastbeiträge in Fachmedien veröffentlicht. Die “normalen” Mitarbeiter:innen blieben auf beiden Seiten eher im Hintergrund und irgendwie unsichtbar.
Das hat sich in den letzten 10 Jahren immerhin langsam verändert. Unzählige Kampagnen haben echte Mitarbeiter:innen und ihre Geschichten in den Fokus gestellt (anfangs war das noch ein krasser Schritt). Und ja, jeder kann natürlich einfach selbst aktiv auf diversen Social Media Kanälen werden.
Aber ist es wirklich schon bei allen angekommen, wie viele ungenutzte Ressourcen in jedem Einzelnen stecken? Ich glaube nicht. Es ist nicht allzu lange her, da hat ein Geschäftsführer noch zu mir sinngemäß gesagt: “Wir können dann ja gar nicht kontrollieren, ob die Leute nicht etwas Falsches sagen”. Dabei geht es eben überhaupt nicht darum, ob das, was die Leute z. B. auf LinkedIn erzählen, aus Management-Sicht “richtig” oder “falsch” ist, sondern darum, dass es authentisch ist. Bei einer offenen und transparenten Unternehmenskultur muss man sich darum normalerweise auch keine Sorgen machen. Lasst uns also mit ein paar Vorurteilen in diesem Kontext aufräumen:
Vorurteil 1: Unternehmen können ihre Außenwirkung kontrollieren
Für einige wird das ein No-Brainer sein, aber das eben zitierte Gespräch zeigt, dass diese Nachricht noch nicht bei allen Entscheider:innen angekommen ist. Dank Social Media und Plattformen wie Kununu & Co. setzen sich Bilder von Unternehmen längst nicht mehr nur aus gesteuerter Kommunikation zusammen, sondern auch aus den Stimmen der Mitarbeiter:innen. Unterstützt man die Kommunikation von Mitarbeiter:innen aktiv, z. B. durch Corporate Influencer, kann das die Außenwahrnehmung zusätzlich positiv beeinflussen (+7 %; mehr dazu hier).
Meine These: Unternehmen, die ihre Mitarbeiter:innen nicht aktiv zum Kommunizieren ermutigen, haben entweder kein Vertrauen oder glauben immer noch, Kontrolle wäre möglich.
Vorurteil 2: Personal Branding ist nur was für C-Levels oder Führungskräfte
Falsch: Auch Berufseinsteiger:innen oder einfach “normale” Mitarbeiter:innen können aktiv werden. Authentische Kommunikation ist nicht nur ein zentraler Faktor für eine erfolgreiche Personal Brand, sondern auch eine ungenutzte Ressource – denn jede:r von uns hat etwas zu sagen. Jede:r von uns sammelt Erfahrungen oder macht Fehler, von denen andere lernen und profitieren können. Und zahlreiche Beispiele zeigen, dass auch junge Menschen schon erfolgreich eine Personal Brand aufbauen können (u. a. Jule Peters, Selina Schroeter, Angelina Eimecke) und, dass auch Alt von Jung noch viel lernen kann (z. B. Reverse Mentoring von Yaël Meier und Tina Müller).
Vorurteil 3: Persönliche Themen haben auf LinkedIn nichts verloren
Im Gegenteil! Es geht nicht darum, das Privatleben offenzulegen, sondern darum, dass persönliche Anekdoten oder Meinungen auch den wichtigsten CEO nahbar machen. Die Faustregel: 80% Business, 20% Persönliches. Das bedeutet nicht, wahllos Privates zu posten, sondern gezielt Interessen zu teilen, die die Personal Brand abrunden. Ein Headhunter riet mir, meine Tätigkeit als Yogalehrerin aus meinem Profil zu streichen, da es „esoterisch wirken könnte“. Doch psychologische Sicherheit entsteht, wenn wir unser wahres Selbst zur Arbeit bringen können (in meinem Fall also inkl. Yoga) und das gilt im Umkehrschluss auch für LinkedIn. Von 4-Beinigen Home Office Buddies über Migration bis hin zu meinem eigenen Mama-Sein und trotzdem gerne arbeiten – ist Vieles möglich. Oft liegt der Erfolg am Ende in der Schnittmenge von Business- und Herzensthemen.
In diesem Sinne: Aktiviert eure ungenutzten Ressourcen! Im Team, aber auch in euch selbst. Denn jede:r hat etwas zu erzählen. Und wenn ihr eure Mitarbeiter:innen dabei unterstützt, dann wird sich das auf jeden Fall auszahlen. Eine starke Employer Brand lebt innen und strahlt nach außen!